Poetry-Slam-Beitrag - Heimathafen (Neukölln) - 14.02.2012
Es gibt eine Tendenz im Leben
die mir Angst bereitet.
Ich selbst habe das Gefühl,
dass ich von dieser Tendenz
erfasst werden könnte.
Dem ein oder anderen
ist vielleicht schon klar
worüber ich rede.
Es handelt sich um die Tendenz,
dass einzelne Individuen auf
öffentlichen Plätzen
mit einem Buch attackiert
und tödlich verletzt werden.
Verehrte Zuhörerschaft,
ich weiß, sie glauben
nicht jeder kruden
Terrorwarnung,
die offensichtlich
Angstmache ist und nicht
der Tatsächlichkeit entspricht.
Ich schätze Sie auch gerade wegen
dieses Umstands und weiß
deshalb, dass meine Worte
bei Ihnen nicht als demagogische
Hülsendrescherei ankommen,
sondern als das, was es
in Wirklichkeit ist.
Es ist der Ausdruck des Unbills,
der Verachtung moralisch
verwerflicher Taten,
dem natürlich eine
augenscheinliche
Unausgeglichenheit
zu Grunde liegt.
Oberflächlich mag es
nicht einfach sein,
etwas Sinnvolles
bzw. in irgendeiner
Art Akzeptables
In den Tötungsdelikten
mittels von Lesematerialien
zu finden.
Dennoch und gerade, weil
mir diese Tendenz so
große Sorgen bereitet
möchte ich, eine kleine
Anekdote zum Besten geben,
die die Vieldimensionalität
dieser Tendenz aufzeigt.
Neulich in der der U7
saß eine spezifische
Leseratte in einem
Abteil mit einem Pärchen.
Der maskuline Part
dieser Verbindung
war zufällig auch der Mann,
was er unmissverständlich
durch übertriebenes Gebaren
verdeutlichen musste.
Und nicht nur das,
er war derart erzürnt,
über einen Umstand,
der ihm offensichtlich
den Weg zum Glück
verbaute, dass der feminine
Part der Verbindung,
der zufällig auch die Frau war
ihn durch überzogene
Gesten des Tröstens und
das Reichen eines Taschen-
Tuchs zu der Überwindung
seiner Konflikte ermutigen
Wollte.
Doch nichts da,
einmal die tropfende Nase
abgeschmiert
schleuderte er das
dreckverkrustete Tuch
auf den U-Bahnboden.
Die eigentlich pazifistische Leseratte
vernahm das aus den
Augenwinkeln
und, als wäre
in ihr urplötzlich ein
neues Verhalten geboren,
erhob er sich, klappte
sein Buch mit Hardcover-
einband zu und rammte
es dem maskulinen Part
der Verbindung,
der immer noch
zufällig der Mann war
durch seine weiche Schädeldecke.
Es ist klar, wo hier die Verhältnisse
liegen, darüber, liebe Zuhörerschaft,
besteht kein Zweifel.
Es geht mir als Überbringer
der schlechten Nachricht auch
nicht darum eine Wertung
vorzunehmen.
Es sollte klar sein, dass es sich weder
schickt, Leute die sich an der Kasse
vordrängeln, noch Umweltverschmutzer
oder andere provozierenden
Ärgermacher mit einem Stück
Literatur das Hirn zu zerdrücken.
Jeder der das tut, verdient in
voller Konsequenz alle Folgen
die das Strafgesetz dafür vorsieht,
aber das ist nicht die Frage.
Die Frage ist, warum passiert es?
Um das zu beantworten
Müssen wir etwas zurückgehen,
genaugenommen bis zu dem
Moment, als das erste Wort
gelesen wurde.
In dem Moment, als dies geschah,
entstand etwas beinahe
kosmisches.
Es entstand eine Verbindung
Zwischen Geist und Gegenstand,
die über das bisherige bloße Sehen
hinausging und neue Welten eröffnete.
Das Gegenstandslose war zwar
schon vorher geboren, doch seine
Gestalt nahm schärfere Schemen und
dadurch erkennbarere Formen an.
Das bloße Ideal bekam einem warmen
Hort in der Welt des Physischen
Und damit nicht genug, es entstand
eine halb materielle, halb geistige Brücke
zwischen dem abstrakten Wort und dem
definitiven Leser.
Auf dieser Brücke vollführte die
Schöngeistigkeit irre Tänze.
Fern von Makeln und Fehlern,
verwandelte sich das Brückenmaterial
immer mehr in Elfenbein
und zuletzt sogar mit goldener
Ornamentik verziert.
Auf dieser Brücke ist Fehlverhalten
eine Todsünde
die rigoros bestraft gehört,
weshalb ich leider sagen muss,
dass dieser Ort gefährlich ist
und ich deswegen mit aller
Bedacht dazu raten kann, nein muss
Keine Bücher zu lesen,
wenn man niemanden Schaden
zufügen will
und Bücher zu lesen, wenn man
selbst unbeschadet
durchs Leben kommen möchte.
die mir Angst bereitet.
Ich selbst habe das Gefühl,
dass ich von dieser Tendenz
erfasst werden könnte.
Dem ein oder anderen
ist vielleicht schon klar
worüber ich rede.
Es handelt sich um die Tendenz,
dass einzelne Individuen auf
öffentlichen Plätzen
mit einem Buch attackiert
und tödlich verletzt werden.
Verehrte Zuhörerschaft,
ich weiß, sie glauben
nicht jeder kruden
Terrorwarnung,
die offensichtlich
Angstmache ist und nicht
der Tatsächlichkeit entspricht.
Ich schätze Sie auch gerade wegen
dieses Umstands und weiß
deshalb, dass meine Worte
bei Ihnen nicht als demagogische
Hülsendrescherei ankommen,
sondern als das, was es
in Wirklichkeit ist.
Es ist der Ausdruck des Unbills,
der Verachtung moralisch
verwerflicher Taten,
dem natürlich eine
augenscheinliche
Unausgeglichenheit
zu Grunde liegt.
Oberflächlich mag es
nicht einfach sein,
etwas Sinnvolles
bzw. in irgendeiner
Art Akzeptables
In den Tötungsdelikten
mittels von Lesematerialien
zu finden.
Dennoch und gerade, weil
mir diese Tendenz so
große Sorgen bereitet
möchte ich, eine kleine
Anekdote zum Besten geben,
die die Vieldimensionalität
dieser Tendenz aufzeigt.
Neulich in der der U7
saß eine spezifische
Leseratte in einem
Abteil mit einem Pärchen.
Der maskuline Part
dieser Verbindung
war zufällig auch der Mann,
was er unmissverständlich
durch übertriebenes Gebaren
verdeutlichen musste.
Und nicht nur das,
er war derart erzürnt,
über einen Umstand,
der ihm offensichtlich
den Weg zum Glück
verbaute, dass der feminine
Part der Verbindung,
der zufällig auch die Frau war
ihn durch überzogene
Gesten des Tröstens und
das Reichen eines Taschen-
Tuchs zu der Überwindung
seiner Konflikte ermutigen
Wollte.
Doch nichts da,
einmal die tropfende Nase
abgeschmiert
schleuderte er das
dreckverkrustete Tuch
auf den U-Bahnboden.
Die eigentlich pazifistische Leseratte
vernahm das aus den
Augenwinkeln
und, als wäre
in ihr urplötzlich ein
neues Verhalten geboren,
erhob er sich, klappte
sein Buch mit Hardcover-
einband zu und rammte
es dem maskulinen Part
der Verbindung,
der immer noch
zufällig der Mann war
durch seine weiche Schädeldecke.
Es ist klar, wo hier die Verhältnisse
liegen, darüber, liebe Zuhörerschaft,
besteht kein Zweifel.
Es geht mir als Überbringer
der schlechten Nachricht auch
nicht darum eine Wertung
vorzunehmen.
Es sollte klar sein, dass es sich weder
schickt, Leute die sich an der Kasse
vordrängeln, noch Umweltverschmutzer
oder andere provozierenden
Ärgermacher mit einem Stück
Literatur das Hirn zu zerdrücken.
Jeder der das tut, verdient in
voller Konsequenz alle Folgen
die das Strafgesetz dafür vorsieht,
aber das ist nicht die Frage.
Die Frage ist, warum passiert es?
Um das zu beantworten
Müssen wir etwas zurückgehen,
genaugenommen bis zu dem
Moment, als das erste Wort
gelesen wurde.
In dem Moment, als dies geschah,
entstand etwas beinahe
kosmisches.
Es entstand eine Verbindung
Zwischen Geist und Gegenstand,
die über das bisherige bloße Sehen
hinausging und neue Welten eröffnete.
Das Gegenstandslose war zwar
schon vorher geboren, doch seine
Gestalt nahm schärfere Schemen und
dadurch erkennbarere Formen an.
Das bloße Ideal bekam einem warmen
Hort in der Welt des Physischen
Und damit nicht genug, es entstand
eine halb materielle, halb geistige Brücke
zwischen dem abstrakten Wort und dem
definitiven Leser.
Auf dieser Brücke vollführte die
Schöngeistigkeit irre Tänze.
Fern von Makeln und Fehlern,
verwandelte sich das Brückenmaterial
immer mehr in Elfenbein
und zuletzt sogar mit goldener
Ornamentik verziert.
Auf dieser Brücke ist Fehlverhalten
eine Todsünde
die rigoros bestraft gehört,
weshalb ich leider sagen muss,
dass dieser Ort gefährlich ist
und ich deswegen mit aller
Bedacht dazu raten kann, nein muss
Keine Bücher zu lesen,
wenn man niemanden Schaden
zufügen will
und Bücher zu lesen, wenn man
selbst unbeschadet
durchs Leben kommen möchte.
hangingtree - 15. Feb, 11:48