Absurdes
Oberst Kirchhoff ist ein starker Mann
stramm und stabil gebaut
klug und voll Mut.
Aber von ihm handelt dieser Text nun nicht.
Es ist vielmehr ein Gedicht
über alles und jeden.
Möge mir, wer auch immer all dies schuf
für meine harten Worte sanft vergeben.
Blut, Blut, Chaos, Wut.
Hass, Gebrechen, Leid, Gewaltverbrechen.
Heldenmut und Chaosblut.
Alles! Jeder weiß, dass alles
nicht für immer bleibt.
Panik, Stille und Pause.
Alles steht still und niemand ist da.
Jeder der will, der wollte nur noch.
Aufgefressen von einem winzig kleinen Loch.
Stabil und ordentlich.
Stramm und Klug, wie der Oberst.
Militär und Trommeln im Sturm.
Dazwischen ein zeternder Wurm.
Was sagt ihr nur? Wie könnt ihr das? Was macht ihr da? Wo kommt ihr her?
Und blinde Leere wird taub und schwört nie wieder zu reden. Die Weisheit war geboren.
Alle haben Flügel, doch wer nimmt schon die Schmerzen auf sich, sie aus seinem Rücken brechen zu lassen.
Gelöscht. Verdorben. Attraktiv und wohlhabend.
Zielkoordinaten für den nächsten Angriff.
Wir mögen Euren LIFESTYLE nicht.
Wir mögen EUREN Lifestyle nicht.
Das heißt Lebensart. Anglizismen. Der rote Faden zwischen den Prismen.
Viel zu viel. Kaum fassbar. Lücken müssen her. Alle Wut. Aller Trost. Alle Glückseligkeit.
Brücken müssen her und neue Wörter. Es tobt das Gehirn, weil es mehr weiß, als sein Gebieter aussprechen kann.
Jetzt geht es erst los.
Jetzt ist es zu Ende.
hangingtree - 15. Apr, 19:54
Es gibt eine Tendenz im Leben
die mir Angst bereitet.
Ich selbst habe das Gefühl,
dass ich von dieser Tendenz
erfasst werden könnte.
Dem ein oder anderen
ist vielleicht schon klar
worüber ich rede.
Es handelt sich um die Tendenz,
dass einzelne Individuen auf
öffentlichen Plätzen
mit einem Buch attackiert
und tödlich verletzt werden.
Verehrte Zuhörerschaft,
ich weiß, sie glauben
nicht jeder kruden
Terrorwarnung,
die offensichtlich
Angstmache ist und nicht
der Tatsächlichkeit entspricht.
Ich schätze Sie auch gerade wegen
dieses Umstands und weiß
deshalb, dass meine Worte
bei Ihnen nicht als demagogische
Hülsendrescherei ankommen,
sondern als das, was es
in Wirklichkeit ist.
Es ist der Ausdruck des Unbills,
der Verachtung moralisch
verwerflicher Taten,
dem natürlich eine
augenscheinliche
Unausgeglichenheit
zu Grunde liegt.
Oberflächlich mag es
nicht einfach sein,
etwas Sinnvolles
bzw. in irgendeiner
Art Akzeptables
In den Tötungsdelikten
mittels von Lesematerialien
zu finden.
Dennoch und gerade, weil
mir diese Tendenz so
große Sorgen bereitet
möchte ich, eine kleine
Anekdote zum Besten geben,
die die Vieldimensionalität
dieser Tendenz aufzeigt.
Neulich in der der U7
saß eine spezifische
Leseratte in einem
Abteil mit einem Pärchen.
Der maskuline Part
dieser Verbindung
war zufällig auch der Mann,
was er unmissverständlich
durch übertriebenes Gebaren
verdeutlichen musste.
Und nicht nur das,
er war derart erzürnt,
über einen Umstand,
der ihm offensichtlich
den Weg zum Glück
verbaute, dass der feminine
Part der Verbindung,
der zufällig auch die Frau war
ihn durch überzogene
Gesten des Tröstens und
das Reichen eines Taschen-
Tuchs zu der Überwindung
seiner Konflikte ermutigen
Wollte.
Doch nichts da,
einmal die tropfende Nase
abgeschmiert
schleuderte er das
dreckverkrustete Tuch
auf den U-Bahnboden.
Die eigentlich pazifistische Leseratte
vernahm das aus den
Augenwinkeln
und, als wäre
in ihr urplötzlich ein
neues Verhalten geboren,
erhob er sich, klappte
sein Buch mit Hardcover-
einband zu und rammte
es dem maskulinen Part
der Verbindung,
der immer noch
zufällig der Mann war
durch seine weiche Schädeldecke.
Es ist klar, wo hier die Verhältnisse
liegen, darüber, liebe Zuhörerschaft,
besteht kein Zweifel.
Es geht mir als Überbringer
der schlechten Nachricht auch
nicht darum eine Wertung
vorzunehmen.
Es sollte klar sein, dass es sich weder
schickt, Leute die sich an der Kasse
vordrängeln, noch Umweltverschmutzer
oder andere provozierenden
Ärgermacher mit einem Stück
Literatur das Hirn zu zerdrücken.
Jeder der das tut, verdient in
voller Konsequenz alle Folgen
die das Strafgesetz dafür vorsieht,
aber das ist nicht die Frage.
Die Frage ist, warum passiert es?
Um das zu beantworten
Müssen wir etwas zurückgehen,
genaugenommen bis zu dem
Moment, als das erste Wort
gelesen wurde.
In dem Moment, als dies geschah,
entstand etwas beinahe
kosmisches.
Es entstand eine Verbindung
Zwischen Geist und Gegenstand,
die über das bisherige bloße Sehen
hinausging und neue Welten eröffnete.
Das Gegenstandslose war zwar
schon vorher geboren, doch seine
Gestalt nahm schärfere Schemen und
dadurch erkennbarere Formen an.
Das bloße Ideal bekam einem warmen
Hort in der Welt des Physischen
Und damit nicht genug, es entstand
eine halb materielle, halb geistige Brücke
zwischen dem abstrakten Wort und dem
definitiven Leser.
Auf dieser Brücke vollführte die
Schöngeistigkeit irre Tänze.
Fern von Makeln und Fehlern,
verwandelte sich das Brückenmaterial
immer mehr in Elfenbein
und zuletzt sogar mit goldener
Ornamentik verziert.
Auf dieser Brücke ist Fehlverhalten
eine Todsünde
die rigoros bestraft gehört,
weshalb ich leider sagen muss,
dass dieser Ort gefährlich ist
und ich deswegen mit aller
Bedacht dazu raten kann, nein muss
Keine Bücher zu lesen,
wenn man niemanden Schaden
zufügen will
und Bücher zu lesen, wenn man
selbst unbeschadet
durchs Leben kommen möchte.
hangingtree - 15. Feb, 11:48
Sie war taub an ihren Wunden Punkten,
lange hat ich sie gedrückt
und niemand hat mich aufgehalten
keiner hat gesagt,
oh, tu das nicht.
Jetzt hören sie nicht mehr,
sie können mich nicht mehr verstehen,
alles hab ich aufgegeben,
um das eine Glück zu sehen.
Es lag Laub über meinen Augen,
und verdeckte mir die Sicht,
alles sieht so anders aus,
nicht ist gleich,
alles ist grau.
Ausgezerrt und ausgewrungen,
habe ich Lieder gesungen,
der Schmerz liebte mich so sehr,
alles war allein und ich dabei.
Meine Liebe zu den Worten,
hat sein Bindeglied verloren,
wenn ich doch nur einen Spielstand hätt,
für all die Fehler in meinem Leben.
Doch das Leben ist kein Buch,
es ist ein PDF-Dokument,
unbeweglich, unberührbar,
dem Neugestalter
völlig fremd.
Ich würd so gerne hineinschreiben,
doch es blockt mich ab,
alle Welt lacht darüber,
bis ihr die Zähne ausfallen
und in Urnen gefüllt werden.
Leider weiß jedoch keiner
Das es ein Geheimnis gibt
Nachts tanzen die jüngsten Leichen
Im Straßenlaterne licht
Und schnipsen im Takt
Mit ihrer Knochengelenk
Welch Friede hat doch diese
Totenstille inne,
welch langweilig Nacht
war je so schön?
Der Tanzbär kommt und betet fromm
Die Frösche schweigen gemeinsam
Am städtischen Teich
Ein Zollbeamter kommt vorbei
Und gibt ihnen ihr quaken zurück
Doch sie schauen ihn nur entsetzt an
Denn sie alle wissen
Er ist verrückt.
Deswegen mögen alle Tiere
Keine Fabeln, sie sind die schlechten
Soaps jenseits des guten Geschmacks.
Tiere sind allein mit sich
Und zusammen nie allein,
der Mensch ist auch ein Tier
er kann es sein
doch tanzt er nur zu gern
auf Giftgaswolken
schenkt anderen Leuten
Killerviren
Und schüttet hübschen Menschen
K.O-Tropfen in ihre Biere.
Was soll das jetzt, was soll enwir tun?
Wir können doch nicht mittendrin,
ein Schläfchen machen,
lasst uns weitergehen
bis in die dunkelsten Winkel
der Stunden der Nacht.
Dort lieben wir es zu leben,
dort ist alles kühl,
dort herrscht Totenstille,
ich liebe dich, ist ein Gefühl.
Nur eins, nicht drei, nicht zwei,
der Fortschritt ist,
es macht es einfacher,
der Nachteil ist,
der Rückschritt fehlt.
Das mag nicht jeder hier vermissen
Der eine mag sich sogar entblößen
Vor Stolz, vor Wut, vor Zorn
Den Idealen gegenüber.
Aus Protest wird er sich befreien
Von allem, erst die Hose,
dann das Hemd, dann die Strümpfe,
dann die Unterwäsche,
zuallerletzt, wenn er tot am Boden liegt,
weiß ein jeder
er hat nicht für, sondern gegen die Freiheit gesiegt.
Doch noch mal jetzt,
was soll das nur?
Ich sag es ganz direkt,
das war des Feuers reißend Spur,
die keinen Sinn ergibt,
sie frisst und frisst
sich wie Wörter in Köpfe hinein.
Das Wort das lebt
Und atmet und spricht
Es kann alles wirklich alles sein.
hangingtree - 12. Feb, 20:57
du kleiner roter kaktus,
was stehst du da so blond
und couragiert.
gibt es nichts zu tun
für dich in deinem faltenrock
und dem besen in der hand.
wisch weg den gischt
aus deinen lenden brechend
und blüten feuern spitz wie stacheln.
und riesig und groß
im faltenmeer zerspringt
die spiegelfläche durch
dornen und blumen.
die adern pulsieren in
dir mit meeresgewalt
wischt du sorgen mit
deiner einfalt fort.
du kleiner grüner kaktus
was stehst du da
draußen am balkon.
hangingtree - 9. Feb, 17:16